Kofferradios waren in den 70er- und 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts beliebt, da man sein Radio und später auch Kassetten-Radio auch unterwegs nutzen konnte. Mit mindestens sechs Block-Batterien bestückt, wogen sie mindestens zwei Kilo, wie der Soundcore Motion X600 auch, der durch Tragegriff und Format an die damaligen portablen Wiedergabegeräte erinnert.
Während es damals vor allem darum ging, dass man die Musik mitnehmen kann, gehts im Jahr 2023 vor allem darum, wie man einen 2-Kilo-Speaker möglichst gutklingend und mit reichlich Power ausgestattet unters Volk bringt.
Verpackung und erster Eindruck
Soundcores Motion X600 by Anker wird in einem schicken Schuber geliefert, wo schon das Auspacken Spaß macht. Neben zwei Begleitheftchen für den schnellen Einstieg und Formalien gibts lediglich ein 60 cm USB-C-auf-C-Kabel, ein Netzteil wird nicht mitgeliefert. Die Motion X600 benötigt ein 5V 3A USB-C-Netzteil.
Die drei angebotenen Farben sind ein Hingucker, unser in hellem Anthrazit schimmerndes Testgerät (ca. 12 mm x 300 mm x 8,1 mm) gefiel uns richtig gut, und der fest verbundene Henkel ist nicht nur ergonomisch gelungen. Auf der Oberseite finden sich ein paar wenige Bedienelemente: ein ins Gehäuse leicht versenkter Drucktaster als „Hauptschalter“ sowie ein Bluetooth-Taster, einen für Spatial-Audio und eine weiterer für die Bassanhebung. In der Mitte gibts einen der insgesamt fünf verbauten Lautsprecher, rechts daneben teilen ein Minus-, ein Plus-Taster und ein Laufwerkstaster sich den Rest der mit gummiartigem Material überzogenen, leicht angeschrägten Bedienoberfläche. Diese ist allerdings anfällig für (fettige) Fingerabdrücke.
Alle Schalter sind nicht nur beleuchtet und via App auch dimmbar, sie sind auch ertastbar und somit für Sehbehinderte gut zu bedienen. Vorbildlich.
Auf der Rückseite gibt es zwei Anschlüsse, die durch eine Gummidichtung vor Feuchtigkeit geschützt sind: der USB-C-Anschluss zum Aufladen und ein Mini-Klinken-Eingang für analoge Eingangssignale.
Die Motion X600 ist gemäß Schutzklasse IPX7 wasserdicht, kann also, wenn die Gummidichtung geschlossen ist, sogar ins Wasser gesetzt werden. Im Alltag wird der Box also ein Regenschauer nichts anhaben.
Bluetooth-Verbindung
Die Motion X600 verbindet sich mit meinem iPhone, Android-Smartphone und MacBook Pro erwartungsgemäß zügig und konfliktfrei. Die letzte Bluetooth-Verbindung wird sich gemerkt und automatisch wieder aufgenommen, wenn die Kommunikation steht. Mit bis zu 100 Metern Reichweite im Freifeld ist die 5.3-BT-Verbindung auch über größere Entfernungen stabil. Meine Tests im Haus zeigten über 2 Stockwerke bis in den hintersten Winkel des Gartens bei ca. 30 Metern Luftlinie zum Abspieler keine Aussetzer – ein guter Wert, der im Alltag keine größeren Probleme erwarten lässt.
Hörbarer Vorteil mit LDAC
Soundcore hat mit der Motion-Serie den LDAC-Codec zertifiziert, welcher über Android-Devices High-Res-Audio-Inhalte wiedergibt. Während wir beim Test des kleinen Soundcore Motion 300 by Anker (Test) den Nutzen noch ein wenig infrage gestellt haben, ist der Qualitätsgewinn beim Motion X600 hörbar. Mehr dazu im Kapitel Sound. Einen Nachteil muss man bei der LDAC-Nutzung in Kauf nehmen: die Bluetooth-Reichweite sinkt und der Stromverbrauch der Box, aber auch des Players steigen.
Stereo mit einer Motion X600 und mit zweien
Die Soundcore-Motion-Serie kann zwei baugleiche Bluetooth-Speaker zu einem Stereo-Paar zusammenführen, gibt aber auch solo zweikanalig wieder. In Ermangelung einer zweiten X600 konnten wir dies leider nicht ausprobieren, nehmen aber an, dass im Duett die „Kofferradios“ ihre gemeinsamen Stärken ausspielen. Falls ihr zur Party jemanden einladet, der ebenfalls im Besitz einer X600 ist, soll diese durch gleichzeitiges verpaaren beide Boxen durch längeren Druck auf die Bluetooth-Taste problemlos können.
Spatial Sound – Raumklang mit einer Motion X600
Die Motion X600 spielt hörbar Stereo ab. Um die Räumlichkeit auch bei größerer Hörposition zu erhalten, bietet Soundcore eine Spatial-Funktion an, die den Klang aufweitet. Soundcore beschreibt seine Spatial-Funktion als KI-gesteuert – was immer das auch heißen soll, funktioniert dies über die 5 Lautsprecher mit eigenen Verstärkern ganz gut. Man hat hierzu hörbar eigene Entwicklungskompetenz eingesetzt und sich Theater und Konzerthäuser als akustisches Vorbild genommen. Das klingt als Werbeaussage erst mal gut, wirkt sich aber auch erstaunlich wohlfühlend auf einen „umhüllenden“ Sound aus.
Mehr Bass mit eigenem Druckknopf
Neben der Spatial-Funktion kann per Knopfdruck dem Bass auf die Sprünge geholfen werden. Immer dann, wenn die Musik zum Tanzen auffordert, würde ich den drücken, Klangpuristen rümpfen bei der Bassenergie immer gerne die Nase, da den Mitten hier gerne mal die Definition genommen wird. Aber, der Druckknopf im wahrsten Sinne macht Spaß, zumal neben „Mehr Bass“ in der Soundcore-App noch ein paar Einstellungen warten.
Die Soundcore App mit effektivem EQ
Für iOS und Android gibts wie üblich eine kostenfreie App, die neben den üblichen Verwaltungsaufgaben einen sehr frei konfigurierbaren EQ bereithält, bei dem nicht nur die neun Bänder um +/- 8 dB angehoben oder abgesenkt werden können, sondern auch die Bandbreite verändert werden kann. Es lassen sich auch eigene EQ-Einstellungen kreieren und sogar mit anderen Nutzern teilen, was spätestens dann Sinn macht, wenn ein weiterer Motion X600 zu einem Stereo-Paar gematcht werden soll.
Klang der Soundcore Motion X600
Soundcore bewirbt die X600 mit großen Worten, an denen sie sich auch messen lassen muss. Zunächst haben wir wie gewohnt unsere Spotify-Playlist angeworfen, um festzustellen, dass die X600 sehr gefällig und akkurat unsere Genre-Auswahl meistert.
„Lost in You“ von Dirty Loops bietet einen spielbestimmenden Bass, der bei kleineren Soundsystemen gerne in der Bedeutungslosigkeit verschwindet, nicht so bei der X600, auch wenn mit „Mehr Bass“ ein wenig nachgeholfen werden musste. Es fällt auf, dass die Motion X600 sehr straff ihr Werk verrichten und beim Hören regelrecht Spaß machen. Auch bei „Mr Chicken / Deluxe“ zeigt sich die X600 klangfreudig, wo ich es dann auch mal hab krachen lassen, indem ich mir die Box am Henkel geschnappt habe, um sie im Garten auf Volllast spielen zu lassen. Selbst bei hohen Lautstärken gab es kaum Verzerrungen, die Box machte zu keiner Zeit den Eindruck, dem Druck nicht standhalten zu können. Aber auch Orchestrales wie Ennio Morricones “Once Upon a Time in America” handelt die Motion X600 souverän. Sehr definiert, auch bei leiseren Passagen präsent, bescheinigen wir dem Soundcore-Lautsprecher Hi-Fi-Qualitäten.
Über der Aux-In lassen sich auch analoge Signale zuspielen. Sobald eine Miniklinke in der Buchse steckt, wird der Bluetooth-Eingang unterbrochen und das am Kabel anliegende Signal wird abgespielt. In der App lassen sich aber weiterhin Lautstärke und EQ-Einstellungen verändern.
Ich habe die X600 über ein Digital-Piano gespielt, um zu testen, wie die X600 mit den dynamischen Klängen eines elektrischen Musikinstruments klarkommt: auch hier hat mich die X600 überzeugt. „Pianissimo“ konnte die Box überraschend definiert auftreten und auch in tieferen Gefilden überzeugen, aber auch „laut“ ging ohne Probleme, wobei ich laut mit „halber Pulle“ im Nahbereich definieren möchte, denn die X600 können sogar als Beschallungselement vor kleinem Publikum überzeugen.
Bleibt noch das Soundcore-Versprechen, High-Res-Audio-Formate via LDAC zu testen. Wir haben dazu u.a. die Purple-Rain-Version von Dolly Parton einmal über Qobuz als 24-Bit / 96 kHz gestreamt und im Vergleich die identische Veröffentlichung über Spotify abgespielt. Bei der X600 ist der Unterschied hörbar, das Mehr an Informationen zeigt sich in einer höheren Klangdichte und einer feineren Auflösung und Räumlichkeit. Man ist auf jeden Fall für die Zukunft gewappnet, da immer mehr Streaming-Anbieter Hi-Res-Formate anbieten und Soundcore diese mit der X600 auch klanglich umsetzen kann.
Akkuleistung und Lautstärke
Die Akkuleistung wird von Soundcore mit 12 Stunden bei einer viertel Leistung, was ich als Zimmerlautstärke bezeichnen will, angegeben. Dies können wir mit werksfrischem Akku weitestgehend bestätigen. Die komplette Aufladung wird mit 6 Stunden angegeben. Ich habe die X600 mit einem 60 Watt USB-C-Netzteil in 4 Stunden von 20% auf 100% Ladung befüllt. Für den Alltag sollte das alles im grünen Bereich sein. Selbst bei höheren Lautstärken hält der Akku über Stunden, und mit höheren Lautstärken meine ich Partybeschallung in größeren Räumen.
Fazit
Die Soundcore Motion X600 beeindrucken durch einen – gemessen an der Größe – guten und kraftvollen Sound. Als Universal-Lautsprecher für daheim und unterwegs erledigen die X600 ihre Aufgaben souverän, wobei der Klang sich vor teureren mobilen Lautsprechern nicht verstecken muss. Eine gute Akkuleistung, Bluetooth 5,3 und Hi-Res-Audio-Fähigkeit sind starke Argumente für die Soundcore by Anker Motion X600. Überrascht waren wir von der hohen Leistung des mobilen Lautsprechers, der so manch eine Party rocken und dank Aux-In sogar latenzfreie Beschallungsaufgaben erledigen kann.